16. Dezember 2015   Aktuelles - Allgemeines
Haushaltsrede Rat Mönchengladbach 16.12.2015

Torben Schultz – Fraktion DIE LINKE
- es zählt das gesprochene Wort -
- SPERRFRIST bis die Rede gehalten wurde, mindestens 15:00 Uhr -

Liebe Bürgerinnen und Bürger,

es ist Weihnachtszeit.
Die Zeit für Märchen, Wunder und Wunschlisten.

Und wie Eltern die Wünsche ihrer Kinder kennen, so kennt auch die Verwaltung die Wünsche der GroKo. So ist es kein Wunder, dass Herr Kuckels einen Haushalt einbrachte, der auf die Mehrheitsfraktionen von CDU und SPD zugeschnitten war.

Trotzdem war Schwarz-Rot noch nicht vollends zufrieden und hat sich selber noch ein paar Geschenke unter den Weihnachtsbaum gelegt.

Deswegen stimmen wir heute über ein Werk ab, das nicht ihre Handschrift trägt, Herr Kuckels. Es ist auch kein Haushalt, in dem der Oberbürgermeister Richtungsentscheidungen untergebracht hat.
Deswegen liebe Verwaltung, verzeihen Sie, wenn ich mich zwar für Ihre intensive Arbeit bedanke, jedoch nicht von Ihrem Werk reden werde.

Was uns – und der Bürgerschaft – heute von der GroKo aufgetischt wird, hat etwas von der Geschichte vom „Steuerkasper“, sehr frei nach Heinrich Hoffmann:

Der Haushalt war nie kerngesund,
kein dicker Bub, nicht kugelrund.
Er hatte Löcher rot und groß;
wurd er auch mit Stärkungspakt nicht los.
Dennoch fing Peter an zu schrein:
"Steuererhöhung, das lass sein!
Ich erhöhe diese Steuer nicht!
Nein Steuer erhöhen, mach ich nicht!"

Im nächsten Jahr - ja sieh nur her!
Da wollt der Peter plötzlich mehr.
Da fing er diesmal an zu schrein:
"Steuererhöhung - das muss sein!
Ich erhöhe alle Steuern schlicht!
Für AöR, der Bürger merkt’s schon nicht!"

Und somit sind die zwei alles dominierenden Bestandteile dieses Haushalts benannt:

Eine Anstalt öffentlichen Rechts (AöR), die das Märchen der saubersten Stadt in NRW bis 2020 erzählt und eine nie dagewesene Grundsteuererhöhung, die den Hoffnungsschimmer vom Haushaltsausgleich 2018 aufrechterhalten soll.

Die CDU hat vor einem Jahr nur widerwillig und im letzten Moment die fabelhafte Wortschöpfung der „Konditionierten Eventualsteuererhöhung“ als Platzhalter – als Ultima Ratio, wenn der Bund nicht anderweitig zahlt – mitgetragen.
Es verwundert schon, dass genau diese CDU nun aber aus dem Vollen schöpft. Und das auch noch ausgerechnet bei der Grundsteuer B.

Es mag zwar auf den ersten Blick gerecht erscheinen, dass so Inhaber großer, wertvoller Immobilien mehr beitragen. Doch entspricht das wirklich dem Leitsatz: „Starke Schultern sollen mehr tragen“?

Nein!

Denn die starke Schulter misst sich nicht am Brustumfang, sondern an der Kraft, die sie umsetzen kann.

Da sind die Unternehmen, die viel Fläche benötigen oder aus besseren Zeiten noch eine entsprechende Immobilie besitzen, die aber derzeit nur so gerade über die Runden kommen. Genau diesen Unternehmen ziehen sie nun langsam den Boden unter den Füßen weg.

Deswegen sagen wir „Hände weg von der Grundsteuer!“

Die Gewerbesteuer hingegen ist eine Steuer auf die Gewinne. Investitionen werden vor der Gewinnermittlung abgezogen. Wer gute Geschäfte macht, und diese letztlich auch durch die von der Stadt bereitgestellte Infrastruktur, soll sich auch entsprechend am Gemeinwesen beteiligen.

Ohne Grund holt die GroKo den „Knüppel-aus-dem-Sack“, statt den „Goldesel“ mäßig zu melken.

Muss nun ausgerechnet DIE LINKE sich mit der IHK verbünden und Ihnen aufzeigen, welch schlechte Standortpolitik Sie da machen?

Und – liebe GroKo - schauen Sie auch auf die BürgerInnen.
Durch den Prozess der Rekommunalisierung der GEM sanken die Müllgebühren … leicht.
Was also auf der einen Seite in die Taschen gesteckt wurde, holen Sie sich nun auf der anderen Seite um ein Vielfaches zurück.

Und wofür?

Um die Rekommunalisierung der GEM - ehe sie vollendet ist - im Konstrukt der AöR vollends zurückzudrehen und etwa 12 % der städtischen MitarbeiterInnen auszugliedern.

Nun ist hier nicht der Platz, um unsere AöR-Kritik noch mal auszubreiten. Doch sei schon festgehalten, wie unausgegoren Ihr Plan ist:

15 Kalendertage ehe die AöR startet, hat sie noch keine eigenen Räume und muss sich mit ihrem Verwaltungsrat bei der Stadt einmieten – so denn die Raumnutzung in Rechnung gestellt wird.

8 Arbeitstage ehe die AöR loslegen soll, gibt es gerade mal eine „qualifizierte Schätzung“ für den Stellenplan.

Da gehen jetzt MitarbeiterInnen in den Weihnachtsurlaub und wissen nicht, wo sie im neuen Jahr arbeiten werden!
Ähnlich geht es seit Jahren den MitarbeiterInnen der IT, auch die wissen nicht, ab wann sie vielleicht nach Neuss müssen.

Sie wollen die Zukunft der Stadt gestalten, geben aber nicht mal dem Personal eine Planungssicherheit für die nächsten Wochen.

Das heißt, wo wir uns inhaltlich streiten können, ob eine saubere Stadt das wichtigste ist und somit so viel Geld wert ist oder ob es nicht eher ein „nice to have“ ist, da müssen wir bilanzieren:

Überhastet und handwerklich schlecht gemacht! Und vor allem teuer!

Was wir als Opposition aber akzeptieren müssen ist, dass Sie mit dem Thema Sauberkeit der Stadt Ihren Stempel aufdrücken wollen. Es ist Ihr Weg, den Sie als etwas eigenes, etwas besonderes hinstellen.

Gleichzeitig messen Sie sich aber am Mittelmaß, indem Sie die Verträglichkeit Ihrer Steuererhöhungen mit Werten finanziell vergleichbar schlecht dastehender Kommunen begründen.

Das ist nicht unser Weg!
Und wir glauben nicht, dass dieser Weg der jetzigen Zeit angemessen ist.

Wie Herr Kuckels richtig im Haushalt nachjustierte, wird die Stadt nicht schrumpfen, sie wird wachsen. Mönchengladbach hat trotz widrigster Startbedingungen bisher die Aufnahme der Flüchtlinge gut bewältigt. Wie in der Einbringungsrede steht: Ganz ohne Steuererhöhungen!

Und an dieser Stelle möchte ich nicht über die verfehlte Konzeption der Sammelunterkünfte an sich meckern, das haben wir Linke seit 2009 regelmäßig getan.
Hier sei lieber Herrn Fischer ein Dank ausgesprochen, dass er und die ganze Verwaltung seit 2014 nur im äußersten Notfall auf Zelte und Sporthallen zurückgriff.

Genauso sei hier den vielen Ehrenamtlichen gedankt, die die Flüchtlinge herzlich aufnehmen und ihnen mit Rat und Tat … und einem offenen Ohr zur Seite stehen.

Wir erleben Menschen, die mit den Zugezogenen zusammen die Zukunft gestalten wollen.
Und wir erleben gleichzeitig Menschen, die sich fragen, wo ihre Bedürfnisse bleiben.

Sich diesen Herausforderungen der Zukunft zu stellen müsste der Anspruch an den Haushalt sein.
Dafür wäre es wichtig, die Schwerpunkte auf Bildung, Soziales und günstigen Wohnraum zu legen.

Leider haben Sie es verpasst, diesen Schwerpunkt zu setzen.

Und so bleibt für die Bürgerschaft nur, dass sie neben ihrem Hauptprojekt AöR auch ein wenig mit der Gießkanne für Kita, Radverkehr, Schultoiletten, Kultur und anderes ausschütten.

In unseren 16 Anträgen hätten sie mit der 7ten Gesamtschule, dem Abenteuerspielplatz und zusätzlicher Straßensozialarbeit einige passende Punkte gefunden, es besser zu machen.

Und auch bei der Finanzierung mit Bettensteuer, SSK-Ausschüttung, Konsolidierungspotential WFMG/MGMG und den Außenprüfungen des Finanzamtes haben wir Angebote gemacht.

Es nützt doch niemanden etwas, wenn wir 2020 auf einer sauberen grünen Wiese sitzen, umzingelt von hochwertigem Wohnraum, aber selber uns kein Dach über dem Kopf leisten können.

Deshalb sagen wir:
Abschied von der „Arroganz der Macht“!

Das Ziel muss es sein, für Mönchengladbach einen „eigenen Weg“ zu finden, abseits von Einzel-interessen-geprägten-Rankings. Wir müssen für alle Bevölkerungsgruppen die vorhandenen Herausforderungen, Wünsche und Verpflichtungen erfüllen. Wir wollen für alle eine lebens- und liebenswerte - und auch eine wachsende Stadt!

Das kann dieser Haushalt nicht bieten, deswegen lehnen wir ihn ab.

Vielen Dank.

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