05. November 2019   Aktuelles - Planungs- und Bauausschuss
Update: Kosten des "zum links abbiegen, rechts warten" (indirektes Abbiegen)

Im September berichtete die Verwaltung über die "Radverkehrsführung in Kreuzungsbereichen". Die Realität der letzten Maßnahmen zeigt, dass das "zum links abbiegen, rechts warten" (indirektes Abbiegen) mehr und mehr eingesetzt wird. Der Bericht spricht zwar von einer Abwägung im Einzelfall, jedoch wird durch die Abwägung von Zeitaufwand zu der Sicherheit, über Platzbedarf und angeblicher Klarheit der Regeln der Eindruck erweckt, dass indirektes Abbiegen oftmals der Favorit der Verwaltung sein wird. Dieses Ausbremsen des Radverkehr wollten wir nicht akzeptieren und stellten einen Antrag bessere Musterlösungen zu erarbeiten. Dieser wurde abgelehnt. Nun interessieren wir uns für die Kosten des indirekten Abbiegen und haben eine entsprechende Anfrage gestellt.

Sehr geehrter Herr Reiners,

kürzlich berichtete die Verwaltung über das direkte und indirekte Linksabbiegen.

Im Nachgang sind uns dazu noch Fragen gekommen. Bitte stellen sie uns den planerischen Aufwand, die Anschaffungs-/Einrichtungskosten so wie die laufenden Kosten und Wartungskosten des indirekten Abbiegens dar. Dabei sollen die verschiedenen Varianten (mit und ohne Induktionsschleife; mit und ohne zusätzlicher Radfahrer*innen-Ampel, etc.) dargestellt werden. Außerdem bitten wir die Verwaltung einen Aufwand/Kosten-Vergleich mit Aufstellflächen zum direkten Linksabbiegen für Radfahrer*innen darzustellen.

Mit freundlichem Gruß
Torben Schultz


Wir haben eine Antwort auf unsere Anfrage, eine erste kurze Kommentierung hat unser Fraktionsvorsitzende angehangen:

Sehr geehrter Herr Schultz,

Ihre u.a. Mail an den Herrn Oberbürgermeister bezüglich des direkten und indirekten Linksabbiegen von Radfahrern an signalgeregelten Knotenprunkten wurde mir zur Beantwortung weitergeleitet.

Bei der Planung von Kreuzungen werden immer auch die Belange des Radfahrenden berücksichtigt. Die Verkehrssicherheit gerade für Fußgänger und Radfahrer haben Priorität und bestimmen auch maßgeblich die Abwägung verschiedener Belange. Eine dieser Abwägungen beinhaltet die Planung der Linksabbiegeführung für Radfahrer in signalgeregelten Knotenpunkten.
Diese werden in Mönchengladbach mit 3 Angeboten abgedeckt.

Direktes Linksabbiegen
Bei direktem Linksabbiegen ordnen sich die Radfahrenden auf der Fahrbahn ein, bei stärkerem KFZ-Verkehr möglichst auf den markierten Abbiegestreifen. Das direkte Linksabbiegen ist die Standardlösung des Linksabbiegens und eignet sich vor allem, wenn der geradeausfahrenden Verkehrsstrom, den der Radverkehr queren muss, nicht zu stark ist. Das ist meist der Fall, wenn nur ein Geradeausfahrstreifen vorhanden ist. Der direkt links abbiegende Radverkehr wird in der Regel mit dem Kfz-Verkehr signalisiert.

Vorgezogener aufgeweiteter Radaufstellstreifen
Bei den vorgezogenen aufgeweiteten Radaufstellstreifen können sich Radfahrerinnen und Radfahrer in einen auf den gesamten Kfz-Fahrstreifen ausgedehnten Bereich vor den Kraftfahrzeugen aufstellen. So stehen sie direkt im Blickfeld des Kfz-Verkehrs und überqueren vor diesem den Knotenpunkt. Diese Lösung eignet sich vor allem in Knotenpunktzufahrten mit verhältnismäßig langen Rotzeiten, denn nur bei Rot können Radfahrende die Aufstellfläche nutzen. Damit sie ihn nutzen können, sollte er etwa 4-5 m tief sein.

Indirektes Linksabbiegen
Beim indirekten Linksabbiegen überqueren die Radfahrer und Radfahrerinnen zunächst die von rechts kreuzende Straße und können sich dort in einem möglichst gekennzeichneten, geschützten Bereich aufstellen. Von dort fahren sie bei Grün in die gewünschte Richtung weiter. Nach der StVO (§ 9 Absatz 2) dürfen Radfahrende grundsätzlich indirekt links abbiegen, z.B. weil ihnen ein Einordnen zu gefährlich erscheint. Ggf. müssen Sie dann bei fehlender Einrichtung für das indirekte Linksabbiegen absteigen und die Fußgängerfurt benutzen. Für die Signalisierung des indirekten Linksabbiegens gibt es zwei Möglichkeiten:
• Der Radverkehr kann sich nach den Signalen der Fußgängerfurt (Fußgänger und Radfahrersymbole) richten, wenn diese gut einsehbar sind
• Eigene Radfahrsignale sind der Aufstellfläche gut zuzuordnen, um Irritationen für Radverkehr anderer Fahrbeziehungen auszuschließen. Bewährt haben sich in Mönchengladbach 300er Signalgeber mit einem  Radfahrsymbol und einer Grünkammer als Startsignal.

Kostenbetrachtung:
Aus der Sicht der Kosten für Planung, Bau und  Betrieb einer Linksabbiegerführung ergeben sich bei den angefragten 2 Varianten des indirekten Linksabbiegens und des direkten Linksabbiegens mit vorgezogenem Radaufstellstreifen nur marginale Unterschiede in den Gesamtkosten.

Direktes  Linksabbiegen mit vorgezogenem Radaufstellstreifen
1) Bei der Verkehrsplanung ist die Auswahl der Variante für die Kosten irrelevant. Der FB 61 ist im Zuge der Variantenfindung dazu angehalten, alle Verkehrsteilnehmer sicher durch die Situation LSA zu führen und spielt deshalb alle Planungsvarianten der Linksabbiegeführung in der Vorplanung durch. In der Entwurfsplanung wird sich dann für eine Variante entschieden. Für den Planungskostenaufwand hat dies keine Auswirkung.
2) Bei der Umsetzung in der Signaltechnik entstehen beim vorgezogen Radaufstellstreifen für das direkte Linksabbiegen Investitionskosten von ca. 650 € für die Markierung, die alle 5-7 Jahre erneuert werden muss. Für  den Betrieb fallen für den betrachteten Zeitraum von 15 Jahren ebenfalls ca. 650 € an.

Indirektes Linksabbiegen
1) Bei der Verkehrsplanung ist die Auswahl der Variante für die Kosten irrelevant. Der FB 61 ist im Zuge der Variantenfindung dazu angehalten, alle Verkehrsteilnehmer sicher durch die Situation LSA zu führen und spielt deshalb alle Planungsvarianten der Linksabbiegeführung in der Vorplanung durch. In der Entwurfsplanung wird sich dann für eine Variante entschieden. Für den Planungskostenaufwand hat dies keine Auswirkung.
2) Bei der Umsetzung in der Signaltechnik entstehen für jede indirekte Linksabbiegemöglichkeit (Signalgeber 200 €, Schleife 450 € und Markierung 100 €) Investitionskosten von ca. 750 €. Für den Betrieb entstehen Kosten von ca. 30 €/Jahr bei 15 Jahren Lebensdauer.

Insgesamt stellen das direkte Linksabbiegen mit vorgezogenem Radaufstellstreifen und das indirekte Linksabbiegen Angebote für Radfahrende dar, um das Passieren der Kreuzung sicherer zu gestalten. Ähnliche Angebote gibt es auch für andere Verkehrsteilnehmer z.B. zusätzliche Signalgeber für Kraftfahrzeuge, um die Erkennbarkeit und das Verständnis des Verkehrsablaufes zu verbessern, taktile und akustische Einrichtungen für sehbehinderte Bürger oder Sondersignale zur Visualisierung der Busbeschleunigung zur Unterstützung der Busfahrer in der Zufahrt auf die Kreuzung.
Da die Lichtzeichenanlagen in erster Linie für die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer sorgen sollen, wird die Ausstattung der Lichtzeichenanlagen an fast allen Anlagen umfangreicher realisiert, als die Regelanforderungen vorgeben.

Ich hoffe, Ihnen mit dieser Auskunft behilflich gewesen zu sein.

 


Kommentierung Torben Schultz:

 

Nach einem ersten Blick verwundern mich die Kostenvergleiche. Die große Aufstellfläche für den Aufstellstreifen soll 6,5 mal so viel kosten wie die kleine für das indirekte Abbiegen? An Materialkosten mag das stimmen, aber der Aufwand, wo Personalkosten den erheblichen Teil ausmachen, dürfte für beides identisch sein. Genauso verwundert, dass eine komplette Ampelanlage je nach größe 50.000,- bis 100.000,- kostet, der Signalgeber und die Schleife nun aber gerade mal 650,- zusammen. Und "Wartungskosten" für eine Aufstellfläche liegen für 15 Jahre bei 650,-?

Wir müssen das erstmal so hinnehmen, aber direkt einleuchtend erscheint mir das nicht.

Interessant ist dann aber die Aussage "das direkte Linksabbiegen ist die Standardlösung des Linksabbiegens ...". Selbst bei den genannten Bedingungen, überall wo zuletzt indirektes Linksabbiegen kam (mit oder ohne Beschluss) waren es einspurige Straßen! Betrachten wir Roermonder Straße an der Kreuzung Stationsweg, gerade neu gemacht mit indirektem Linksabbiegen. Wieso wird das anders bewertet als Stationsweg Kreuzung Mürrigerstraße, wo seit Jahren der Aufstellstreifen ist und es keine Probleme gibt?

Wir werden weiter genau hinschauen!

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