18. Oktober 2010   Aktuelles - Allgemeines
Wiedereröffnung der Sammelunterkunft für Asylbewerber am Bockersend

Die Fraktion DIE LINKE im Rat der Stadt Mönchengladbach protestiert gegen die Wiedereröffnung der Sammelunterkunft für Asylbewerber am Bockersend und die Unterbringung von neuen AsylbewerberInnen dort.

Im März 2010 stellte die Stadt in dem Schließungsbeschluss von Bockersend fest, dass an diesem Standort keine Vorhaltung von freien  Unterbringungsmöglichkeiten für den Fall plötzlich unerwartet steigender Asylbewerberzahlen erfolgen sollte, da die Anzahl der in den vergangenen Jahren durchgängig unbelegten Plätze in den übrigen drei Asylbewerberwohnheimen ausreiche, um auch unter Berücksichtigung des Eintritts eines derartigen „Notfalls“ noch über eine genügende Anzahl von jederzeit kurzfristig abrufbaren freien Aufnahmekapazitäten zu verfügen.

 

Angesichts dieser Aussage ist es um so unverständlicher, dass nach nicht einmal mehr als einem halben Jahr die Einrichtung, die damals schon vom Zustand her nicht über den üblichen Mindeststandard für den dauerhaften Aufenthalt von Menschen verfügte, wieder eröffnet werden soll.

 

Des weiteren hat Die LINKE Zweifel, ob die individuelle Prüfung für die ankommenden Flüchtling im Zuge der Unterbringung und die Abwägung von öffentlichen und individuellen privaten Interessen stattgefunden hat. Die Unterbringung von 60 AsylbewerberInnen lässt vielmehr den Schluss zu, dass eine pauschale Unterbringung vorgenommen wurde. Dies wäre rechtswidrig.

DIE LINKE hat schon in der Vergangenheit von der Verwaltung einen Kostenvergleich für die Unterbringung von AsylbewerberInnen in Sammelunterkünften und Privatwohnung gefordert. Eine Berechnung wurde bisher nicht vorgelegt. Aus Sicht der Fraktion ist die Unterkunft in Privatwohnungen humaner und auch preiswerter.

Die Linke fordert die Verwaltung auf, die Unterbringung in Bockersend zu stoppen.

 


Die vollständige Erklärung zum Thema:

 

Wiedereröffnung der Sammelunterkunft für Asylbewerber am Bockersend

Die Stadt ist aufgrund der aktuell deutlich gestiegenen Anzahl von Asylbewerbern durch die Bezirksregierung Arnsberg verpflichtet worden, zeitgleich über 60 größtenteils aus Mazedonien stammende AsylbewerberInnen aufzunehmen. Dass die Stadtverwaltung hierdurch vor eine nicht ganz einfache Aufgabe gestellt worden ist, steht außer Zweifel. Allerdings ist die unter Federführung des Beigeordneten Holzenleuchters seitens der Verwaltung getroffene Entscheidung die Betroffenen einfach kurzer Hand in dem eigentlich seit März diesen Jahres geschlossenen Übergangswohnheim für Asylbewerber „Bockersend“ unterzubringen von allen ernsthaft in Betracht kommenden Lösungsmöglichkeiten die denkbar schlechteste. Es liegt daher die Vermutung nahe, dass diesbezüglich rein pragmatische Erwägungen, wie etwa ein verhältnismäßig geringer Arbeitsaufwand der Verwaltung, im Vordergrund standen. Denn schließlich wurde hierbei zu allererst schon völlig ignoriert, dass die Sammelunterkunft „Bockersend“ erst vor etwa einem halben Jahr auf Veranlassung der Verwaltung selbst geschlossen worden war. Bei der Begründung der Verwaltungsentscheidung wurde auch ganz klar zum Ausdruck gebracht, dass eine dauerhafte Schließung bezweckt war. So wurde insbesondere auch in einer  schriftlich zu diesem Punkt im Sozialausschuss vorgelegten Berichtsvorlage ausgeführt, dass an diesem Standort keine Vorhaltung von freien  Unterbringungsmöglichkeiten für den Fall plötzlich unerwartet steigender Asylbewerberzahlen erfolgen sollte, da die Anzahl der in den vergangenen Jahren durchgängig unbelegten Plätze  in den übrigen drei Asylbewerberwohnheimen ausreiche, um auch unter Berücksichtigung des Eintritts eines derartigen „Notfalls“ noch über eine genügende Anzahl von jederzeit kurzfristig abrufbaren freien Aufnahmekapazitäten zu verfügen. Hinsichtlich der sich in diesem Zusammenhang aufdrängenden Frage, welche Gesichtspunkte für die Auswahl von "Bockersend" ausschlaggebend waren, wurde zwar lediglich angeführt, dass die Unterkunft in einem Landschaftsschutzgebiet liege. Aber allein aufgrund der katastrophalen Haushaltslage ist davon auszugehen, dass auch diese Entscheidung tatsächlich vorrangig durch Abwägung unmittelbar kostenrelevanter Faktoren getroffen wurde. D.h., dass davon auszugehen ist, dass die Stadt sich für die Schließung der Unterkunft mit dem größten Sanierungsbedarf und damit wohl auch schlechtesten „Ist- Zustand“ entschieden hat. Das angeführte Lageargument mag dann insoweit ggf. im Hinblick auf die an dieser Stelle berechtigte Frage warum dann „Bockersend“ und nicht etwa die „Hardter Str.“ ausgewählt wurde, obwohl beide Einrichtungen gleichermaßen nicht über den hierzulande üblichen Mindeststandard für den dauerhaften Aufenthalt von Menschen verfügen, tatsächlich zumindest nachrangig eine gewisse Rolle gespielt haben. Umso unverständlicher ist daher auch, dass die Lage im Landschaftsschutzgebiet jetzt umgekehrt im Hinblick auf eine Wiedereröffnung offensichtlich kein Problem mehr darzustellen scheint. Aufgrund des zwischenzeitlichen Leerstands kann außerdem davon ausgegangen werden, dass sich der Zustand der Unterkunft in den vergangenen Monaten noch einmal verschlechtert haben wird, so dass zum jetzigen Zeitpunkt eine menschenwürdige Unterbringung von Flüchtlingen dort weniger denn je möglich sein dürfte.

Unabhängig von der Ungeeignetheit der konkreten Aufnahmeeinrichtung „Bockersend“ ist darüber hinaus grundsätzlich gegen die obligatorische Unterbringung von Flüchtlingen in Sammelunterkünften einzuwenden, dass immer die Gefahr einer Gettoisierung besonders groß ist und diese Form der Unterbringung auch stets ein besonders vielfältiges Konfliktpotential in sich birgt. Überdurchschnittlich häufig auftretende psychische Erkrankungen insbesondere auch schon bei Kindern und Jugendlichen sind hierbei nur eine der zahlreichen nachweislich negativen Auswirkungen dieser grundsätzlich abzulehnenden Unterbringungsform. Auch wenn im Asylverfahrensgesetz eine Vorschrift verankert ist, die besagt, dass die Unterbringung von Flüchtlingen im Asylverfahren, sowie nach negativem Abschluss in derartigen Gemeinschaftsunterkünften den Regelfall darstellen soll, können weder die Bundesländer, noch die Gemeinden durch diese Vorschrift zur Errichtung, bzw. Betreiben solcher Sammelunterkünfte verpflichtet werden. Außerdem muss unabhängig hiervon im Hinblick auf jeden ankommenden Flüchtling im Zuge der Unterbringung eine Abwägung von öffentlichen und individuellen privaten Interessen erfolgen. Wird dies unterlassen und erfolgt stattdessen eine pauschale Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften unter Berufung auf die gesetzliche Regelung, so stellt dies eine unzulässige Ermessensunterschreitung dar und erfolgt damit in jedem Fall rechtswidrig. Während die im Einzelfall zu beachtenden individuellen privaten Interessen vielfältig sein können, kommt als beachtliches öffentliches Interesse allenfalls der Punkt einer möglichen Kostenersparnis gegenüber einer Einzelunterbringung ernsthaft in Betracht. Allerdings ist zumindest nach überschlägig durchgeführten Rechnungen zufolge davon auszugehen, dass die Unterbringung von Flüchtlingen in Privatwohnungen sogar im Gegenteil auch noch die  kostengünstigere Variante darstellt. Ob eine das Gegenteil belegende Berechnung durch die Stadt erstellt wurde, ist diesseits nicht bekannt und wurde jedenfalls bislang auch auf Nachfrage hin nicht vorgelegt. Allerdings wurde auch seitens Vertretern der Stadtverwaltung bekundet, dass grundsätzlich einer Einzelunterbringung der Vorzug zu gewähren sei und die Stadt ihr diesbezügliches Ermessen im Einzelfall stets sorgfältig und wohlwollend ausübe. Im Zuge der Schließung von „Bockersend“ teilte die Verwaltung daher auch auf entsprechende Nachfrage mit, dass man relativ optimistisch sei, dass in absehbarer Zeit auch die umstrittene Sammelunterkunft auf der „Hardter Str.“ endgültig geschlossen werden könne. In Anbetracht der aktuellen Entwicklungen stellt sich allerdings hier nun wirklich die Frage wie viel Glauben derartigen Verwaltungsauskünften beigemessen werden kann. Denn hier wird aktuell durch die ungeplante Wiedereröffnung einer Sammelunterkunft anstelle der eigentlich geplanten Schließung einer Weiteren  nicht nur unter Außerachtlassung aller selbst bekundeten Bedenken eine den eigenen Aussagen völlig entgegenstehende Entscheidung getroffen. Sondern es ist darüber hinaus auch durch die offensichtlich pauschale Zuweisung von 60 Personen in eine Sammelunterkunft, deren Bewohnbarkeit zum jetzigen Zeitpunkt mehr denn je angezweifelt werden muss, auch keineswegs zu erkennen, dass eine gründliche Abwägung von öffentlichen und privaten Interessen in Bezug auf jeden der über 60 Einzelfälle stattgefunden hat.

Nicola Schiemann,
Stellvertretende Fraktionsvorsitzende
Die Linke im Rat der Stadt Mönchengladbach

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