Tagesordnungspunkt 3; Nr.1189/VIII
Redebeitrag Helmut Schaper am 23.2.2011 / Es gilt das gesprochene Wort
Die Fraktion DIE LINKE wird bei den Tagesordnungspunkten 3 und 4 mit Nein stimmen. Dies aus drei Gründen.
Die Vergärung von Lebensmitteln ist angesichts des Hungers in der Welt aus ethischen Gründen abzulehnen.
Überall auf der Welt erleben wir zur Zeit, wie unter dem Stichwort „Nachhaltigkeit“ Lebensmittel für Agrotreibstoffe verwendet werden. Auf den Äckern der 3. Welt wachsen Pflanzen für die deutschen Autotanks statt für die Ernährung der Menschen da zu sein.
Die neue Spritsorte E10-Sprit lässt grüßen.
Das gleiche gilt für die Verwendung des Lebensmittels Mais, um Methangas zu erzeugen. Würde dieses Verfahren nicht subventioniert, würde niemand auf die Idee kommen, solche Biogasanlagen zu bauen.
Hinzu kommt, dass dieses Verfahren eine Monokultur fördert. Und erzählen sie jetzt nicht, dass nur ein ganz geringer Teil des Mais für die Biogasanlage in Frage kommt. Und der Maisanbau nur 5 – 6 % ausmacht. In Niedersachsen war es am Anfang auch nur ein ganz kleiner Teil: Heute haben wir eine Monokultur in dem Bereich.
Auch das Argument, unsere Haltung sein Umweltfeindlich, weil wir den Einsatz von organischen Stoffen zur Methangaserzeugung ablehnen würden, stimmt nicht. Wir lehnen das Lebensmittel Mais ab.
Gülle und andere organische Reststoffe, in kleinen Anlagen direkt vor Ort vergärt, sind die Alternative zu dem, was sie planen.
Würden Sie eine Energiebilanz unter Einbeziehung sämtlicher Transporte für diese Anlage aufstellen, sie wäre ganz sicher negativ. Und dann wäre klar, welche Pläne umweltfeindlich sind.
Der zweite Grund ergibt sich aus den Mängeln in der Begründung zum Bebauungsplan.
Aus unserer Sicht sind dies die folgenden Punkte:
- Eine alternative Standortplanung hat es nicht gegeben. Vorweg wurde schon behauptet, es komme nur ein Standort im Süden in Frage. Andere Standtorte über Wanlo/Wickrath hinaus sind erst gar nicht untersucht worden. Die Bedenken der Gemeinde Jüchen sind falsch bzw. unzutreffend dargestellt. Das Planungsgebiet ist keinesfalls im Hinblick auf die vertraglichen Anbauflächen zentral gelegen.
- Der Tagebau Gartzweiler II und die Vorbelastung durch den Tagebau wird in der Standortauswahl nicht berücksichtigt und steht auch im direkten Gegensatz zum 2. Braunkohlebericht der Verwaltung. Mensch beachte das Datum des Berichtes: August 2010. Hier scheint der eine Teil der Verwaltung nicht zu wissen, was der andere plant. Oder anders ausgedrückt: Was der Verwaltung von privaten Firmen diktiert wird. Wie heißt es noch so schön in dem Antwortbrief der Verwaltung an die CDU vom 21.2.2011: „Das Planungsbüro hat die Planzeichnungen und Entwürfe für die Begründung samt Umweltbericht erstellt.“
- Das Verkehrsgutachten weist gravierende Mängel auf. Die Auswirkungen des Abtransportes der Gärreste werden nicht konkret dargestellt. Die landwirtschaftlichen Wirtschaftswege sind von ihrer Eignung falsch bewertet worden. Und ob für diese Landwirtschaftlichen Wege die Aussage Finanzwirksamkeit: „Keine“ zutrifft, ist zu bezweifeln.
Die Liste ließe sich noch fortsetzen.
Die Mängel im Planungsverfahren werden im Falle der Ratszustimmung dazu führen, dass einen Normenkontrollklage mit guten Aussichten auf Erfolg eingereicht wird. Der Rat der Stadt Jüchen wird am 28.2. entscheiden, ob er klagt.
Wir gehen davon aus, dass damit ihr Zeitplan nicht mehr umsetzbar ist und die Anlage wegen fehlender Subventionen auch nicht mehr rentabel sein wird.
Der dritte Ablehnungsgrund hat seinen Hintergrund im Demokratieverständnis.
Herr Beine, Sie haben in einem Interview am 10.2.2011 gesagt: „Es hat, seitdem ich in Mönchengladbach in der Politik bin, bei keinem Thema soviel Einbeziehung der Öffentlichkeit gegeben wie bei diesem.“
Wenn sie unter Einbeziehung der Öffentlichkeit verstehen, dass sie Handlungsvollzug gemeldet haben, dann mag das stimmen. Einbeziehen und Mitnehmen bei einer Planung sieht aber anders aus.
Im letzten Jahr wurde die Gesellschaft Biogasanlage Süd gegründet, da war von Einbeziehung der Öffentlichkeit nichts zu sehen. Und nach ihrer Aussage im Finanzausschuss, im Hauptausschuss und im Rat in Laufe des letzten Jahres hatte die Gründung dieser Gesellschaft überhaupt und ganz und gar nichts mit dem jetzt diskutierten Bebauungsplan zu tun. Wie viel das eine mit dem anderen zu tun hat, sehen wir jetzt.
Auf einer Informationsveranstaltung Im Frühjahr letzten Jahres wurde den Menschen die Projektplanung vorgestellt. Da war die Gesellschaft schon gegründet, da standen schon die Bagger auf einem Grundstück das noch der EWMG gehörte, auf dem die NVV nun die Anlage errichten will. Nicht unüblich, so die Verwaltung. Ein Vorgang mit vorbereitendem Charakter. Aus ihrer Sicht eine Einbeziehung der Öffentlichkeit.
Weiter erklären Sie in dem Interview: „In der Vorlage der Verwaltung wird auf jeden einzelnen Einwand der Bürger ausführlich geantwortet. Und es gibt keinen einzigen Punkt, der rein sachlich betrachtet so gravierend ist, dass er gegen den Bau der Anlage sprechen würde.“ Die Feststellung ist genau so richtig wie die Feststellung, dass ein Glas Alkohol nicht fahruntüchtig macht. Aber ein Glas Bier, und ein Glas Wein, und ein Glas Schnaps, und ein Glas Sekt, und ein Glas Bowle führen sicherlich zur Fahruntüchtigkeit. Der Braunkohleabbau, die Windkraftanlage, die Kompostieranlage, der Segelflughafen und nun die Methangasanlage, dass sind die Gründe, die für die Menschen in Wanlo das Fass zum Überlaufen bringen.
Für die Verwaltung sind diese Vielzahl von Belastungen kein Grund, auf diesen Standort zu verzichten. Im Gegenteil: „aufgrund der schon vorhandenen Vorbelastung kommt der Standtort in Frage“ So die Verwaltung. Und für sie Herr Beine auch nicht. Zitat: „Bleibt die politische Frage, ob Politik es für verantwortlich hält, die Biogasanlage bei Wanlo angesichts der Vorbelastung zu bauen.“ Sie beantworten diese Frage mit Ja.
Zum Schluss erklären sie: „Wenn wir dem Protest nur deswegen nachgeben, weil wir niemanden enttäuschen wollen, dann ist die Politik tatsächlich handlungsunfähig.“
Es geht nicht um enttäuschen oder nicht. Das ist purer Populismus. Es geht um das Ernstnehmen der Ängste, Sorgen und vor allen Dingen der Argumente. Und nicht nur einzelner Menschen. Die Sorgen, Ängste und Argumente in der überwältigen Mehrheit eines betroffenen Dorfes. Wenn ich das ernst nehme, dann bin ich nicht handlungsfähig. Dann nehme ich die Menschen mit auf den Entscheidungsweg. Und verprelle sie nicht mit einer vorgegebenen Entscheidung, die an ganz anderer Stelle ohne diese Menschen gefällt wurde.
Sie und die NVV müssen sich doch die Frage stellen, ob es notwendig ist, gegen diese massiven Sorgen und Bedenken der Menschen eine Anlage durchzusetzen, die gesellschaftlich nicht unbedingt notwendig ist, wie z.B. eine Schule oder ein Krankenhaus, das fehlt.
Die Sorge der Menschen ernst zu nehmen hätte bedeutet, auf diese Anlage zu verzichten und den Antrag zurück zu ziehen.
Ich denke es ist klar geworden, dass DIE LINKE einer Anlage nicht zustimmen wird, die ethisch nicht zu vertreten ist, ökologisch unsinnig ist und wirtschaftlich nur dann für wenige funktioniert, wenn sie von den SteuerzahlerInnen subventioniert wird.
Da bleibt nur ein klares Nein.