27. Oktober 2009   Aktuelles - Allgemeines
Resolution zur gesetzlichen Altfallregelung

Die Fraktion DIE LINKE. Mönchengladbach hat sich als einen Schwerpunkt die Verbesserung der Situation von MigrantInnen gesetzt. Deswegen wird sie für die Ratssitzung am 6.11.09 einen Antrag für eine Resolution zur gesetzlichen Altfallregelung einbringen. Die bisherigen Bleiberechtsregelungen haben nicht dazu geführt, dass der Großteil der hier lebenden Langzeitgeduldeten ein dauerhaftes perspektivisches Bleiberecht erhalten konnten.
Neben dem Apell an die an die Landes- und Bundesregierung, soll die Ausländerbehörde angewiesen werden, im Falle eines Ermessensspielraums, diesen stets in größtmöglichem Umfang zugunsten der Betroffenen ausüben.

Beratungsgegenstand:

Resolution zur gesetzlichen Altfallregelung nach §§ 104a, 104b AufenthG

Beschlussentwurf:

Der Rat der Stadt Mönchengladbach möge folgende Resolution beschließen:

Der Rat der Stadt Mönchengladbach stellt mit Bedauern fest, dass die bisherigen Bleiberechtsregelungen nicht dazu geführt haben, dass der Großteil der hier lebenden Langzeitgeduldeten ein dauerhaftes perspektivisches Bleiberecht erhalten konnten.

Der Rat der Stadt Mönchengladbach spricht sich daher insbesondere dafür aus die Frist für die gesetzliche Altfallregelung nach §§ 104 a, 104 b AufenthG über den 31.12.2009 zu verlängern und appelliert diesbezüglich an die Landes- und Bundesregierung, sowie an alle politisch Verantwortlichen im Bundestag und Landtag NRW, sich für eine qualifizierte Verlängerung der gesetzlichen Altfallregelung einzusetzen.

Darüber hinaus appelliert der Rat der Stadt Mönchengladbach an die vorgenannten Stellen sich längerfristig für eine modifizierte dynamische Nachfolgeregelung einzusetzen, die insbesondere keine gesetzlich festgelegte Stichtagsregelung enthält.

Der Rat der Stadt Mönchengladbach spricht sich darüber hinaus grundsätzlich gegen Abschiebungen von Menschen aus dem betroffenen Personenkreis (= Inhaber von Aufenthaltserlaubnissen nach §§ 104a, bzw. 104b AufenthG) aus.

Der Rat der Stadt Mönchengladbach beschließt, dass die Ausländerbehörde in Bezug auf den vorgenannten Personenkreis im Falle des Vorhandenseins eines Ermessensspielraums – der insbesondere auch durch den Erlass des Innenministeriums NRW vom 30.09.2009 eröffnet wird -  ihre Behördenermessen stets in größtmöglichem Umfang zugunsten der Betroffenen auszuüben.

Begründung:

Bei den von Abschiebung akut Bedrohten handelt es sich überwiegend um Familien, die schon viele Jahre – in vielen Fällen mittlerweile weit über 10 Jahre – in Mönchengladbach leben. Die Kinder dieser Familien sind zumeist hier geboren oder aber zumindest größtenteils hier aufgewachsen. Sie besuchen Kindergarten, Schule, Jugendeinrichtungen und Sportvereine, d.h. sie sind in Mönchengladbach fest verwurzelt und haben hier ihren Freundeskreis. Ihr eigentliches Herkunftsland kennen sie größtenteils nur aus Erzählungen und waren noch nie da; d.h. sie sind in Mönchengladbach zuhause.
Trotz des langjährigen Aufenthalts in Deutschland, sowie der Integration in die hiesigen Lebensstrukturen konnten die Betroffenen aufgrund der geltenden Gesetzeslage über viele Jahre zwar auf der einen Seite aus den unterschiedlichsten Gründen nicht abgeschoben werden, auf der anderen Seite aber auch keinen rechtmäßigen Aufenthalt erhalten, sondern haben jeweils nur kurzfristig gültige sogenannte „Duldungsbescheinigungen“ erhalten. D.h. die Betroffenen haben bereits viele Jahre hinter sich in denen sie in permanenter Angst vor Abschiebung ohne jegliche Perspektive gelebt haben.

Nachdem in den vergangenen Jahren bereits mehrfach – z.B. durch Novellierung des Aufenthaltsrechts 2005 oder Beschließung einer leider wenig praxistauglichen „Altfallregelung“ durch die Innenministerkonferenz 2006 – kurz die Hoffnung auf Eröffnung einer echten Lebensperspektive für die Betroffenen aufgekeimt war, konnten seit August 2007 aufgrund der zu diesem Zeitpunkt in das Aufenthaltsgesetz eingefügten gesetzlichen „Altfallregelung“ immerhin knapp über 160 „Langzeitgeduldete“ in Mönchengladbach hiervon profitieren und zumindest erst einmal eine sogenannte „Schnupperaufenthaltserlaubnis“ erwerben.

Um aber nun diese zunächst befristeten „Pobeaufenthaltserlaubnisse“ in perspektivische Daueraufenthaltserlaubnisse umwandeln zu können, müssen die betroffenen Einzelpersonen und Familien bis spätestens zum 31.12.2009 nachgewiesen haben, dass sie ihren Lebensunterhalt grundsätzlich ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen sicherstellen können. Hierbei werden, bzw. wurden zumindest bislang hohe Maßstäbe zugrunde gelegt. So gilt, bzw. galt der Lebensunterhalt insbesondere nur als gesichert, wenn kein Anspruch mehr auf Sozialleistungen besteht und zwar unabhängig davon, ob solche tatsächlich in Anspruch genommen werden oder nicht. Als besondere Schwierigkeiten sind hierbei zu berücksichtigen, dass die betroffenen Personen zwar schon viele Jahre in der Bundesrepublik Deutschland leben, sie aber bis zum Erhalt der Probeaufenthaltserlaubnis in der Regel überhaupt nicht arbeiten durften, d.h. nicht im Besitz einer Arbeitserlaubnis waren und eine solche auch nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen in Ausnahmefällen erhalten konnten. Dies hat zur Folge, dass sie sich naturgemäß auch nicht für den Arbeitsmarkt qualifizieren konnten und somit nun als Langzeitarbeitslose ohne besondere berufliche Qualifikationen besonders schwer in den ohnehin äußerst angespannten Arbeitsmarkt zu integrieren sind. Hinzu kommt, dass zum Zeitpunkt der Einführung der betreffenden Vorschriften in das Aufenthaltsgesetz von einem Wirtschaftswachstum und damit von einer relativ entspannten Lage am Arbeitsmarkt ausgegangen wurde. Der Umstand, dass es im Gegenteil sogar zu einer allgemeinen Wirtschaftskrise in dem aktuellen Ausmaß kommen würde, war zum Zeitpunkt der Abfassung des Gesetzes keineswegs vorhersehbar.

Aus vorgenannten Gründen ist es leider bislang der überwiegenden Mehrzahl der Betroffenen nicht gelungen die Voraussetzungen für einen Daueraufenthalt zu erfüllen. In Mönchengladbach sind es derzeit von den anfänglich ca. 160 Personen immer noch ca. 150, die die Voraussetzungen nicht erfüllen und aller Voraussicht nach auch bis Ende des Jahres nicht erfüllen werden.

Völlig offen ist bislang, was mit den zehntausenden Betroffenen bundesweit, aber insbesondere auch den 150 Personen in Mönchengladbach dann Anfang 2010 passieren wird. Mangels vom Gesetzgeber gewünschter Möglichkeit einer Aufenthaltsverfestigung bei Sozialleistungsbezug, bzw. Anspruch auf solchen, ist ein Rückfall in die sogenannte „Duldung“ derzeit die einzig denkbare Konsequenz. Aufgrund der Tatsache, dass die Betroffenen allerdings zwischenzeitlich für den Erhalt der Probeaufenthaltserlaubnisse zwangsläufig gültige Nationalpässe beigebracht haben, besteht das tatsächliche Abschiebehindernis des Nichtvorhandenseins von gültigen Rückreisepapieren nun nicht mehr und auch die Identitäten der Betroffenen sind zweifelsfrei geklärt.

D.h. nachdem die Betroffenen es dann im Anschluss an das Inkrafttreten der gesetzlichen Bleiberechtsregelung nun endlich geschafft hatten eine Verbesserung ihrer Situation herbeizuführen, indem sie statt kurzfristiger Duldungsbescheinigungen eine Aufenthaltserlaubnis erhalten haben, die ihnen gleichzeitig unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt gewährte, sind sie nun so akut wie nie von Abschiebung bedroht.

Obgleich dieses Problem und die Brisanz allseits bekannt ist, hat es die Innenministerkonferenz bei ihrer letzten Tagung verabsäumt eine neue Lösung für die bundesweit zehntausende Betroffenen zu erarbeiten. Das Problem wurde einfach vertagt.

Durch aktuellen Erlass des Innenministeriums NRW zum Bleiberecht und zur Verlängerung der Aufenthaltserlaubnisse vom 30.09.2009 sind nun zumindest in einigen wesentlichen Punkten die nachfolgend aufgeführten kleinen Verbesserungen gegenüber der Situation der Betroffenen nach bislang geltender Erlasslage und z. T. auch der Regelungen in den bundesweiten Verwaltungsvorschriften eingetreten:

  1. 1. Auch in NRW wird jetzt eindeutig die materielle Sichtweise von "überwiegend eigenständiger Sicherung des Lebensunterhalts" als Möglichkeit vorgesehen: Verlängert wird also auch dann, wenn im "zu betrachtenden Zeitraum" das Einkommen den Bezug von Sozialleistungen insgesamt überwog.
  2. 2.Der zu betrachtende Zeitraum ist nicht zwingend der Zeitraum vom 1.7.2007 bis zum 31.12.2009, sondern kann auch der Zeitraum sein, in dem die Aufenthaltserlaubnis auf Probe vorgelegen hat, wenn dies für den Betreffenden günstiger ist. Das bedeutet, dass der Lebensunterhalt auch dann überwiegend als gesichert anzusehen ist, wenn erst sehr spät die Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde und somit nur für eine kurze Zeit der Lebensunterhalt zu mehr als der Hälfte gesichert war.
  3. 3.Falls im "maßgeblichen Zeitraum" (also ab Erteilung der AE) der Lebensunterhalt überwiegend gesichert war, muss er auch über den 1. Januar 2010 hinaus nur überwiegend gesichert sein, d. h. der ergänzende Bezug von Wohngeld oder SGB II-Leistungen bleibt auch danach unschädlich. Allerdings muss die Prognose bestehen, dass im Laufe der Gültigkeitsdauer der verlängerten AE (= i.d.R. zwei Jahre) die ergänzenden Leistungen wegfallen werden.
  4. 4.Zu den Ausnahmefällen, die von der Verpflichtung den Lebenunterhalt (überwiegend) sicher zustellen, zählen:
    • Auszubildende, Menschen in Berufsvorbereitung und Schüler an Oberstufen allgemeinbildender Schulen und Studenten. Diese müssen ihren eigenen Bedarf nicht sicherstellen. D.h. wenn sie minderjährig sind, fallen sie aus der Gesamtberechnung für die Bedarfsgemeinschaft heraus, so dass es für den Rest der Familie leichter wird, den eigenen Lebenunterhalt zu sichern und wenn sie volljährig sind, kann bei ihnen von der Lebensunterhaltssicherung für die Dauer der Ausbildung vollständig verzichtet werden.
    • Familien mit Kindern: Diese dürfen vorübergehend ergänzend Sozialleistungen beziehen. Die Ausnahme gilt auch bei volljährigen Kindern, denen die Eltern Unterhalt leisten müssen, also normalerweise bis 25 Jahre. "Ergänzend" heißt: Der Bedarf der Eltern (und nicht der Gasamtfamilie) muss zu mindestens 50 Prozent eigenständig gesichert sein. Das bedeutet, bereits ein relativ gering bezahlter Job eines Elternteils (z. B. 600 Euro) reicht - je nach Miete - für diese Voraussetzung bereits aus. Allerdings muss die Prognose bestehen, dass in den nächsten zwei Jahren der ergänzende Bezug vermieden werden kann.
      Bei der Prognose sind das Alter der Kinder, aber auch Erkrankungen und Behinderungen zu berücksichtigen.
    • Alleinerziehende mit Kindern unter drei Jahren: Wie bisher dürfen diese komplett Sozialleistungen (also normalerweise Arbeitslosengeld II) beziehen, solange eines der Kinder unter drei Jahren ist. In Einzelfällen darf das Alter der Kinder auch über drei liegen, wenn trotzdem die Betreuung nicht gesichert ist und eine Berufstätigkeit das Wohl des Kindes gefährden würde.
    • Bei über 65jährigen und bei Erwerbsunfähigen gilt weiterhin die Ausnahme, dass diese trotz fehlender Erwerbstätigkeit die Verlängerung bekommen können, wenn der Lebensunterhalt privat gesichert wird.

Nicola Schiemann
Helmut Schaper

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