28. September 2012   Aktuelles - Allgemeines
Rede im Rat zum HSP / Stärkungspakt

Rede zum Haushaltsanierungsplan im Rahmen des Stärkungspaktes Stadtfinanzen
Rat der Stadt am 27.09.2012 / Es zählt das gesprochene Wort

Sparen

Vorweg eine Bemerkung zu dem von ihnen inflationäre gebrauchten Begriff sparen.
Sparen bedeutet von dem Geld, was man hat, etwas zurücklegen für schlechtere Zeiten.

Was sie machen, ist streichen, kürzen, wegnehmen.
Sie legen nichts auf die hohe Kante für schwere Zeiten.

Und deshalb sollte das auch so benannt werden, was sie hier vorschlagen: Streichen, kürzen, wegnehmen.

Ursachen

Für uns ist es wichtig, noch einmal die Ursachen der Finanzmisere.
Warum wir heute hier sitzen um über so ein Programm mit streichen, kürzen wegnehmen reden.

1. Die Kommunen sind unterfinanziert.
Sie bekommen für das, was sie für die Allgemeinheit leisten, nicht das notwendige Geld. Es fehlen 2,5 Milliarden €.

Das, was Junkerheinrich und Lenk für NRW feststellen, stellt das Verfassungsgericht Rheinland Pfalz mit seinem Urteil vom 14.2.2012 – VGH N 3/11 - auch für Rheinland Pfalz fest.

Zitat:
“Der Gesetzgeber habe bei der Bemessung seiner Finanzzuweisungen an die Kommune den Grundsatz der Verteilungssymmetrie verletzt, der eine gleichmäßige und gerechte Aufteilung der verfügbaren Finanzmittel auf die verschiedensten Ebenen gebiete. Zwar sei die finanzielle Lage des Landes 2007 bei rein rechnerischer Betrachtung ähnlich angespannt gewesen wie diejenige der Kommunen: Sowohl das Land als auch die Kommunen hätten außerordentlich hohe Defizite zu verkraften und seien im Bundesvergleich überdurchschnittlich hoch verschuldet. Dennoch sei das Land aus gründen der Verteilungsgerechtigkeit zu einer spürbaren Erhöhung seiner Finanzzuweisungen verpflichtet gewesen. Denn die Finanzprobleme der Kommunen seien weitgehend fremdbestimmt. Sie seien maßgeblich auf die hohen Soziallasten und damit auf Kosten aus staatlich zugewiesenen Aufgaben zurückzuführen.“

Abschließen stellt der Präsident des Verfassungsgerichtshofs Karl-Friedrich Meyer fest:
Zitat:
“Die über Jahrzehnte gewachsene kommunale Finanzkrise erfordert von Verfassungs wegen ein entschlossenes und zeitnahes Zusammenwirken aller Ebenen. Die Schere zwischen den verfügbaren Finanzmitteln und dem, was die Kommunen leisten sollen, ohne neue Schulden anzuhäufen, muss wieder geschlossen werden. Dem zweifellos ebenfalls hoch belasteten Land fällt dabei die Hauptverantwortung zu, weil es immer noch über größere Gestaltungsmöglichkeiten verfügt als die stark fremdbestimmten Kommunen.“

Sie haben ein Gutachten, dass die Unterfinanzierung mit 2,5 Milliarden € darlegt.
Sie haben ein vergleichbares Verfassungsgerichtsurteil, was ihnen bestätigt, dass das Land den Kommunen eine spürbare Erhöhung hätte zukommen lassen müssen.

Da fragen wir uns als Linke:
„Warum stellen sie als Ampel im Rat nicht den Antrag, die angemessene Finanzausstattung der Kommune einzuklagen?“

Anstatt auf die 2,5 Milliarden € Unterfinanzierung zu klagen oder zumindest auf die 700 Millionen € aus der Erhöhung des kommunalen Anteils am Steuertopf des Landes, lassen sie sich als Ampel auf die Position des Landes ein.
Die da lautet:
Ihr müsst erst ganz viel streichen, damit ihr von uns Geld bekommt. Und auch nicht alles, sondern nur so viel, dass ihr einen ausgeglichenen Haushalt habt.
Wie ihr dann die Milliarden Schulden, die ihr dann immer noch habt, weg bekommt, dass müsst ihr selber sehen.
Anstatt vom Land das Geld zu verlangen, was den Kommunen aufgrund schon erbrachter Leistung zusteht, für das die Kommunen sich verschulden mussten, sind sie auch noch dankbar, dass das Land den Kommunen gnädigerweise 350 Millionen den Kommunen geben will.

2.  Ursache

Seit 1998 hat es über 60 größere und kleinere Steueränderungen zu Lasten der Kommunalfinanzen gegeben.
Die Gravierenste: Der kommunale Anteil am Steuertopf des Landes wurde von 28 % auf 23,5 % gesenkt. Eine stufenweise Erhöhung von zunächst 23,5 % auf 25 % würde den Kommunen 700 Millionen € bringen. Ein Vergleich mit den 350 Millionen €, die das Land jährlich zur Verfügung stellen will, erübrigt sich. Da hatte ich vorher schon drauf hingewiesen.

Das sind im wesentlichen die Ursache der Finanzmisere, die die Kommune nicht zu verantworten hat.
Den Eigenanteil, den Mönchengladbach selbst an den Schulden hat,  z.B. mit seiner Autovorrangpolitik, mit den Semmlerschen Wunschvorstellungen – Mönchengladbach Musical Stadt usw. -  lassen ich jetzt außen vor.

Lösungen

Die Ampel hat sich als Lösung für den Schuldenberg für die Beteiligung am Fiskalpakt entschieden.
Der Fiskalpakt sieht die Verpflichtung der Kommunen vor, noch mehr zu streichen, zu kürzen und wegzunehmen, um an das Geld zu bekommen, für das die Kommunen schon Leistungen erbracht haben.

Unser Vorschlag war, die 350 Millionen € ohne Vorbedingungen an die Kommunen zu zahlen. Des weiteren die stufenweise Erhöhung des kommunalen Anteil am Steuertopf des Landes, siehe Verfassungsgerichtsurteil Rheinland Pfalz -  was 700 Millionen € pro Jahr ausmachen würde. Ferner die Einrichtung eines Landesentschuldungsfonds für mindestens 2/3 der Kassenkredite – das wäre der Anteil, den die Kommunen nicht zu vertreten haben -  ähnlich wie die Badbank der WestLB. Denn was die rotgrüne Landesregierung den Banken zukommen lässt, sollte sie auch den Kommunen zukommen lassen. Und bei der Auslagerung der Schulden der WestLB ging es um ganz andere Dimensionen.
Mit diesen Maßnahmen wären sie auch zu einem ausgeglichen Haushalt gekommen, ohne in dem Maße zu streichen, zu kürzen und wegzunehmen.

Nun haben sie als Ampel die Beteiligung am Fiskalpakt beschlossen. Die Verwaltung hat ein Plan vorgelegt, wie die Beteiligung aussehen soll. Es gab einen Aufschrei aus den unterschiedlichsten Bereichen und die Ampel hat nun eigene Vorschläge vorgelegt, die so aussehen, als ob die Ampel der Retter für alle von der Streichung und Kürzung Betroffenen sei. Der Robin Hood gegen die Streichungsorgie der Verwaltung.
Gewerbesteuer, da darf es etwas weniger sein; nur 475, Grundsteuer B auch etwas weniger, Verbraucherzentrale und Arbeitslosentreff erhalten, keine Belastung im Jugendsportbereich usw.
Das ganze allerdings nur, weil es plötzlich vom Land 5 Millionen mehr gegeben hat, als eingeplant war. Deshalb konnten auch 5 Millionen € Kürzungen zurück genommen werden.

Das Problem ist nur, wenn es in den nächsten Jahren weniger Geld gibt, dann ist es aus mit der Robin Hood Mentalität. Dann müssen sie weiter streichen, kürzen, wegnehmen. Dann kommen die gleichen Maßnahmen wieder auf den Tisch.

Alternativen

DIE LINKE hat zu den Vorschlägen der Verwaltung und der Ampel eigene Vorschläge gemacht.

Stärkere Erhöhung der Gewerbesteuer.
An dieser Stelle habe ich manchmal den Eindruck, dass wenn wir eine Erhöhung der Gewerbesteuer fordern,  sie der Meinung sind, die Wirtschaft bricht zusammen und Mönchengladbach geht dem Untergang entgegen.
Dazu zwei Gegenargumente.
In der Zeit, wo die Erhöhung der Gewerbesteuer auf 485 in der Diskussion ist, werden in Mönchengladbach zwei bedeutende Betriebsansiedlungen bzw. Erweiterungen mit einer Aussage zu Arbeitsplätzen in der Höhe von 2500 Stellen gemacht. Bei der Santander Bank hat Mönchengladbach den Zuschlag für eine Erweiterung bekommen. Die Bank will im Nordpark ausbauen und 1500 Arbeitsplätze schaffen.
Der Online-Versandhändler Zalando will im Regiopark ein Distributionszentrum mit 1000 Arbeitsplätzen bauen. Bei Zalando haben für die Ansiedlung - übrigens in Konkurrenz zu zehn anderen Standorten, auch in anderen Bundesländern -  folgende Punkte den Ausschlag gegeben.
Die Lage der Stadt im avisierten Expansionsgebiet, die Flächenverfügbarkeit, die Nachbarschaft zum Logistikdienstleister DHL sowie nicht zuletzt die Tatsache, dass Gladbach sich einen guten Namen als Logistikstandort gemacht hat.
Bei beiden Verträgen hat die geplante Erhöhung der Gewerbesteuer keine Rolle gespielt.
Warum auch. Die Erklärung dafür liefert uns ein Unternehmer, Dr. Claus Schwenzer, Geschäftsführer der Effertz Tore GmbH, Mitglied der WFMG.
Zitat:
„Wir müssen im laufenden Jahr 5000 € mehr bezahlen“.
Daran würde die Firma „nicht zugrunde gehen“.
Bei der Summe handelt es sich um ein Prozent des Gewinns vor Steuern.
Ein Prozent des Gewinns vor Steuern mit der Garantie, bis 2021 nicht weiter zur Kasse gebeten zu werden. Wie schlimm für die Unternehmer.

Keine Erhöhung der Grundsteuer B. Die geben die Vermieter nämlich direkt über Mieterhöhungen an die Mieter weiter. Und die Kommune muss bei der Pflichtausgabe Kosten der Unterkunft diese Mieterhöhungen zahlen.

Rückzahlung Darlehn Borussia an die Stadt ab 2014. Hätte 4 Millionen € gebracht.
Das Argument, die Rückzahlung sei ein Nullsummenspiel zieht hier nicht, Die Stadt hätte die 4 Millionen € schon jährlich ab 2014 und nicht erst ab 2018. Das ist ein gravierender Unterschied

Stärkere Ausschüttung der Gewinne der Sparkasse an die Kommune im Verhältnis 50 : 50. Hätte in diesem Jahr 3 Millionen € gebracht.
An dieser Stelle will ich auch mal auf das Argument eingehen, dass die Sparkasse gezwungen sei, die Rücklagen zu erhöhen um Konkurrenzfähig zu bleiben.
Nach Basel 3 muss die Rücklage beim Kernkapital ab 2018 bei 13% und beim Gesamtkapital bei 19% liegen. Die Sparkasse hat heute schon beim Kernkapital die Quote von 12,2% und beim Kernkapital die Quote von 19,1% erreicht. Sie ist also bestens aufgestellt. Von daher ist eine Aufteilung der Gewinnsumme in 50 % Rücklage und 50% an die Stadt mehr als berechtigt. Das Sparkassengesetz würde auch eine 100%ige Ausschüttung an die Stadt erlauben.

Wir haben des weiteren Vorschläge für den Umbau der Stadtverwaltung.
Nicht Personalabbau sondern Ausweitung, weil es der Stadt Vorteile und Geld bringt. Die Stadt hat Aufträge für Ingenierleistungen und Bauaufsicht für Marktplatz Rheydt und soziale Stadt Rheydt in Höhe von ca.1,5 Millionen € vergeben. Aufträge, die die Stadt auch mit eigenem Personal hätte machen können. Nur das wir laut Dezernent Wurff dieses Personal nicht mehr vorgehalten. 1,5 Millionen € sind übrigens 27 Jahresgehalte Arbeitgeberbrutto für solche MitarbeiterInnen. Es würde sich also lohnen, wie in unserem Antrag gefordert, für eine bessere Ausstattung der Fachbereiche 61 und 62 zu sorgen. Dies würde Ausschreibungen überflüssig machen, Kosten sparen und Arbeitsplätze sichern.
Stichwort Eigenbetrieb Grün und Entsorgung.
Wie in unserem Antrag dargelegt, könnte ein Eigenbetrieb die Fachbereiche Grünflächen- und Friedhofsamt zusammenfassen und damit Synergieeffekte erzielen. Des weiteren Ausschreibungen im Grünbereich vermeiden.
Hinzu käme eine rekommunaliserte GEM,bei der die Unternehmergewinne und die Mehrwertsteuer im internen Bereich entfallen würde. Die BürgerInnen könnten darüber bei den Müllgebühren entlastet werden.

Das alles wollen sie als Ampel nicht. Sie streichen dafür lieber Stellen in der Verwaltung, erhöhen die Gebühren und kürzen die Leistungen.

Alles mit der Begründung, dass dieser Weg alternativlos sei.
Dies sei der einzige Weg, um aus der Vergeblichkeitsfalle raus zu kommen.
So ihr Credo.
Sie von der Ampel sind so fixiert auf diesen Weg, dass sie schon nicht mehr sehen, dass sie den Einstieg in die Vergeblichkeitsfalle schon wieder vollzogen haben.

Wer garantiert ihnen denn, dass es eine Gemeindefinanzreform gibt, einen Finanzausgleich, der den Kommunen eine angemessene Finanzausstattung sichert?
Wer sagt ihnen denn, dass die Umverteilung von den reichen zu den armen Kommunen, so wie es die rotgrüne Regierung plant, auch klappt?
Woher nehmen sie als Ampel den Optimismus, dass all die Risikofaktoren, die mit dem HSP verbunden sind, nicht eintreffen?
Die Analyse von Dr. Schoelen listet 13 Risikofaktoren auf.
- Konjunktur
- Zinsentwicklung
- Personalkosten
- Höhere Pflichtausgaben
Um nur einige zu nennen.

Was meinen sie als Ampel denn, woher die Gelder kommen, für die die Bundesregierung im Rahmen der Haftungsgarantie des Fiskalpaktes und des Bankenrettungsschirmes ESM mit 190 Milliarden € haftet?
Doch nur mit der Fortsetzung der Umverteilungspolitik von unten nach oben.
Vor der Krise hatten wir 720.000 Vermögensmillionäre. Jetzt haben wir 960.000 davon.
Die Reallöhne und die Renten sind gesunken. Dafür haben nun 0,6 % der Bevölkerung – 0,6 % der Bevölkerung – ein Vermögen von zwei Billionen €.
Das ist übrigens die Höhe unserer Gesamtschulden in unserem Land.
Und da haben sie von der Ampel bei dieser über 20 Jahre anhalten Verteilungsphilosophie die Erwartung, dass die Kommunen „angemessen ausgestattet“ werden?
Wir haben ja gleich auch noch den Antrag zur Vermögenssteuer. Ich bin mal gespannt, wie die Ampel da abstimmt.

Perspektive

Sie werden sicherlich gleich mit ihrer Mehrheit den HSP verabschieden.
Dann haben sie, wenn alles klappen sollte, 2018 einen ausgeglichen Haushalt.

Ja, könnte sein.

Nur was hat dann die Stadt Mönchengladbach?
Wir haben dann ein Mönchengladbach mit weniger Lebensqualität und fast so hohen Schulden wie heute.

Wo bleibt denn das Konzept der Ampel, die 2018 verbliebenen Schulden in Höhe von 1,2 Milliarden € abzubauen?

Sie haben keins!
Und das ist das größte Manko an ihren Plänen.
Weniger Lebensqualität und kein Ende der Schulden.
Das ist ihr HSP Ergebnis!

Wir werden gleich in der Antragsdebatte – vorher hatten wir ja Dank des Zeitplanes der Ampel keine Möglichkeit dazu – die folgenden Anträge stellen.
Exemplarisch nur diese, um zu belegen, dass mit der Verbesserung der Aufgabenseite eine nachhaltige Verbesserung der Finanzsituation eintritt.
Des weiteren um zu dokumentieren, dass Ihre Streichungen, Kürzungen und Wegnahmen städtische Strukturen gefährden.
Wir werden uns weiterhin in der Antragsdebatte für die Positionen 8., 9. und 10 der FWG aussprechen.
Insgesamt werden wir beim HSP mit Nein stimmen.

Nun die Anträge:

0012 Beibehaltung der Grundsteuer B auf 475 %
0013 Erhöhung der Gewerbesteuer auf 500 %
0080 Beibehaltung der Sockelfinanzierung
00109 Beibehaltung des Zuschusses für den Sport für betagte Bürger
00132 Splitting der Ausschüttung der Sparkasse auf 50 : 50

Den Antrag zur Grundsteuer B und Gewerbesteuer werden wir auch gleich bei der Vorlage 2570/VIII stellen.

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