20. November 2019   Aktuelles - Umweltausschuss
Update: Radioaktiv und hochgefährlich: Atommüll reist durch Mönchengladbach

Dieses Jahr sind nach Angaben der Anti-AKW Initiative Sofa Münster[1] bereits neun Züge mit radioaktiven und hochgiftigen Atommüll durch NRW gefahren. Am 18. und 19.11. konnte erstmals die Route durch Augenzeugen nachvollzogen werden. Dadurch kam raus, dass der Zug auch Mönchengladbacher Stadtgebiet passierte. DIE LINKE möchte nun von der Verwaltung wissen, ob diese Informiert war und welche Sicherheitsmaßnahmen getroffen wurden, bzw. welche Notfallpläne für einen möglichen Unfall existieren.

Es geht um den Export des sogenannten UF6 aus Gronau, den die Firma Urenco nach Novouralsk in Russland schicken will. Insgesamt 6.000 Tonnen des hochgiftigen und radioaktiven Stoffs sollen in eine Anlage des russischen Konzerns Rosatom gebracht werden[2]. Offiziell gilt das Material nicht als Müll, denn es handelt sich nach offizieller Sichtweise um „Wertstoff“, weil ein Teil des UF6 wieder aufbereitet und nach Deutschland zurückgebracht werden soll. Aber  Vladimir Slivyak von der russsichen Umweltorganisation Ecodefense ist sich sicher: „Das ist kein Wertstoff, sondern Müll. Warum sonst sollte Urenco Rosatom bezahlen – und nicht umgekehrt?“

Der Fraktionsvorsitzende Torben Schultz sieht das genauso, will sich aber lokal gar nicht in die Frage der Einordnung nach Müll oder Wertstoff einmischen: „Für uns ist wichtig, dass die Sicherheit der Bevölkerung gewährleistet ist. Politisch lehnen wir Linke sowieso Atomkraft und Atomwaffen ab. Wir halten jeglichen Transport für überflüssig, bis es ein Endlager gibt wo der Müll gelagert werden kann. Bis zu diesem Zeitpunkt geht es um ein unnötiges Verschieben mit hohem Gefahrenpotential für die Menschen im Umfeld der Transportstrecken.“

Fußnote(n):
1: https://sofa-ms.de/
2: https://taz.de/Atommuell-nach-Russland/!5642614/

Die Anfrage:
Sehr geehrter Herr Reiners,
am 18.11. erreichte ein Zug mit Uranmüll um 19.40 Uhr Münster und um 20.15 Uhr Hamm. Dort stand der Zug die ganze Nacht bis um 5 Uhr im Güterbahnhof. Anschließend fuhr der Zug über Unna, Hagen, Wuppertal und Düsseldorf nach DU-Rheinhausen, wo er um 7.20 Uhr gesichtet wurde. Von dort ging es via Mönchengladbach und Viersen nach Venlo, wo er um 9.20 Uhr die Grenze passierte. Die Weiterfahrt erfolgte über Eindhoven, Tilburg und Breda zum Güterbahnhof Zwijndrecht zwischen Dordrecht und Rotterdam, wo er gegen 13.20 Uhr eintraf.
Nach jetzigem Stand war dies der neunte Zug in diesem Jahr der von der Firma Urenco durch Deutschland und NRW fuhr. Die genauen Strecken der ersten acht Züge sind nicht bekannt. Außer Frage steht aber, dass Züge mit Uranmüll eine besondere Gefährdung der Bevölkerung darstellen.
Aus diesem Grund fragen wir:
1) Wurde die Stadtverwaltung über den Transport über das Stadtgebiet informiert?
2) Wurden Feuerwehr, Polizei und/oder andere Hilfsdienste (z.B. THW) informiert?
3) Wurden für diesen Transport besondere Sicherheitsmaßnahmen getroffen?
4) Gibt es grundsätzliche Notfallpläne für Unfälle von Transporten mit radioaktiven Material auf dem Stadtgebiet?
5) Ist bekannt wie viele Züge mit Uranmüll, Brennelementen oder anderem radioaktiven Material in diesem Jahr durch Mönchengladbacher Stadtgebiet gefahren sind?
Mit freundlichem Gruß
Torben Schultz

Update / Zwischenstand:

Am 2.12. hat Urenco dem WDR Münster bestätigt, dass sie einen neuen Urantransport vorbereiten, die Initiative SoFA Münster hat hinweise, dass dieser Transport schon am Montag 9. 12. durch NRW rollen könnte.

Die vorstehende Anfrage an die Stadt ist bisher unbeantwortet, aber die Polizei Mönchengladbach teilte mit, dass sie nicht direkt involviert ist und keine Auskunft geben kann. Danach folgten von uns nahezu gleichlautende Anfragen an die Polizei Münster, die Bundespolizei, das Wirtschaftsministerium NRW (ist „Atomaufsicht), das Innenministerium NRW (Polizeiaufsicht), das Innenministerium in Berlin und das Eisenbahn-Bundesamt (EBA, ist Genehmigungsgeber).

NIEMAND wollte sagen, ob der Zug wirklich durch Mönchengladbach gefahren ist, geschweige denn zu einer der anderen Fragen Auskunft geben. „Nicht zuständig“, „nicht Involviert“, „nicht Berechtigt, … einzig das EBA hat ausführlich geantwortet, was aber nur die formalen Abläufe betrifft (Antwort hier drunter).

Wir meinen, dass die Bürgerschaft ein Anrecht darauf hat zu erfahren, was an hochgefährlichen Stoffen an ihren Häusern vorbei fährt.

In Gütersloh gab es auch eine Ähnliche Anfrage, die Antwort der dortigen Verwaltung auch hier drunter.

===EBA Antwort 3.12.===

Sehr geehrter Herr Schultz,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Gerne geben wir Ihnen zum Thema Informationen, soweit es uns möglich ist.

Die Beförderung von Kernbrennstoffen und Großquellen genehmigt nach dem Atomgesetz (AtG) das Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE).

Das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) genehmigt nach dem Gesetz zum Schutz vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung (Strahlenschutzgesetz – StrlSchG) die Beförderung von sonstigen radioaktiven Stoffen im Schienenverkehr. Das sind zum Beispiel Abfälle aus kerntechnischen Anlagen (Metallteile, Kanthölzer, Handschuhe etc.) oder Vorprodukte für die Kernbrennstoffherstellung wie Uranoxid, Uranhexafluorid in natürlicher Isotopenzusammensetzung.

Die Genehmigungsvoraussetzungen für die Beförderung von sonstigen radioaktiven Stoffen finden sich in § 29 des StrlSchG; wenn diese erfüllt sind, hat der Antragsteller einen Rechtsanspruch auf eine Transportgenehmigung, die für höchstens drei Jahre erteilt wird. Organisiert werden diese Transporte von spezialisierten Unternehmen wie etwa unter anderem DAHER NUCLEAR TECHNOLOGIES GmbH oder GNS Gesellschaft für Nuklear-Service mbH. Diese beauftragen verschiedene Eisenbahnverkehrsunternehmen mit dem Transport.

Die jeweilige Transportroute wird im Einzelfall durch den Betreiber der Schieneninfrastruktur und das Eisenbahnverkehrsunternehmen festgelegt. Sie ist dem EBA und den zuständigen Sicherungsbehörden (etwa der Bundespolizei) rechtzeitig anzuzeigen, einer gesonderten behördlichen Genehmigung bedarf es nicht. Zu Transportrouten erteilt das EBA aus Sicherungsgründen generell keine Auskünfte. Zu bereits durchgeführten Transporten können möglicherweise die jeweils beteiligten Unternehmen Auskunft geben.

Sicherheitsvorschriften

Die Beförderung radioaktiver Stoffe unterliegt ferner auch dem Gefahrgutrecht. Für die sichere Beförderung auf der Schiene gibt es mit der „Ordnung für die internationale Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter“ (RID) sowie der „Verordnung über die innerstaatliche und grenzüberschreitende Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße, mit Eisenbahnen und auf Binnengewässern“ (GGVSEB) Regelwerke, die ausführlich vorschreiben, durch welche Maßnahmen von den am Transport Beteiligten der Schutz von Menschen und der Umwelt zu gewährleisten ist. Danach hat der Absender beispielsweise die Einhaltung von Grenzwerten sicherzustellen und durch entsprechende Messungen nachzuweisen. Weitere Einzelheiten zu den Sicherheitsvorschriften entnehmen Sie bitte der RID, die Sie hier einsehen können: http://otif.org/de/?page_id=174

Die Regelwerke werden unter Berücksichtigung von Erkenntnissen aus Wissenschaft und Technik, aber auch aufgrund von Unfallauswertungen, laufend überprüft und in einem zweijährigen Intervall weiterentwickelt. Besondere Aufmerksamkeit gilt hierbei der Klassifizierung, der Verpackung und der Kennzeichnung der gefährlichen Güter, dem Bau, der Ausrüstung und der Überprüfung der Fahrzeuge und Behältnisse, sowie der Ausbildung von Gefahrgutbeauftragten, Triebfahrzeugführern und anderen mit dem Transport gefährlicher Güter befassten Personen. Gerade im Schienenverkehr sind die Anforderungen an den sicheren Einschluss der Gefahrgüter auch bei Unfällen durch die Einführung von Energieverzehreinrichtungen (Crashpuffer) und passiven Schutzmaßnahmen in den zurückliegenden Jahren erheblich erhöht worden.

Die Beachtung der Gefahrgutrechtsvorschriften und des allgemeinen Verkehrsrechts stellt sicher, dass die Allgemeinheit durch die intrinsischen Eigenschaften der gefährlichen Güter während der Beförderung nicht unverhältnismäßig gefährdet wird.

Weitere Informationen zur Beförderung gefährlicher Güter finden Sie auf der Internetseite des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur unter dem folgenden Link:
http://www.bmvi.de/DE/Themen/Mobilitaet/Gueterverkehr-Logistik/Gefahrgut/gefahrgut.html

Rettungskräfte / Feuerwehr

Die Gesetzgebungskompetenz und die Verwaltungszuständigkeit für den Bereich des Brandschutzes und der technischen Hilfeleistung liegen ausschließlich bei den Bundesländern. Diese führen auch die Aufsicht über die Feuerwehren bzw. die örtlichen Rettungsdienste.
Die Eisenbahnen und Halter von Eisenbahnfahrzeugen sind gemäß § 4 Abs. 3 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) verpflichtet, an Maßnahmen des Brandschutzes und der Technischen Hilfeleistung mitzuwirken.

Die Abgrenzung der Verantwortung und die Festlegung der wechselseitigen Rechte und Pflichten erfolgt in der Regel durch entsprechende Vereinbarung zwischen den Innenministern und -senatoren der Länder und der Deutsche Bahn AG. Weitere Einzelheiten zum Zusammenwirken der Eisenbahnen und der Feuerwehren bitte ich daher gegebenenfalls bei der zuständigen Landesbehörde (Innenministerium) zu erfragen.

Freundliche Grüße
im Auftrag
H. S.
Pressesprecherin

Antwort der Verwaltung Gütersloh auf Anfrage von Manfred Reese:

Zu der Anfrage der Fraktion Die Linke zu Gefahrguttransporten wird mitgeteilt, Gefahrguttransporte seien in der Regel nicht genehmigungspflichtig. Weder für den Versender noch für den Spediteur bestehe die Verpflichtung, Gefahrguttransporte anzumelden. Deshalb lägen der Stadt auch keine Informationen darüber vor, welche Transporte im Stadtgebiet unterwegs seien. Für Unfälle gebe es Katastrophenschutzpläne, die dann greifen würden, wenn die örtlichen Strukturen zu klein seien. Grundsätzlich seien die Feuerwehren in der Lage technische Hilfe zu leisten. Sollte dies nicht möglich sein, kämen entsprechende Kreiskonzepte zur Anwendung. So gebe es u.a. Konzepte für den Massenanfall von Verletzten, für Gefahrgutlagen und ABC-Notlagen. Diese Konzepte seien in gemeinsamer Arbeit der Feuerwehren und der Hilfsorganisationen im Kreis aufgestellt worden.

Weitersagen

Kontakt | Impressum